"On n'est pas dans le futurisme, mais dans un drame bourgeois ou un thriller atmosphérique"
Das Wort Redekunst (Rhetorik) weckt unwillkürlich zwei Namen der Vergangenheit: Demosthenes und Cicero. Demosthenes - wir sehen Athen vor uns in seiner Herrlichkeit mit seinen Volksgerichten und Volksversammlungen, in denen die Entscheidung über Freiheit und Ehre, über Krieg und Frieden wesentlich auch von dem Wort der Redner abhängig ist. Wie hoch die Kunst der Rede geschätzt war, zeigt unserm rechnenden Zeitalter mehr als anderes die Tatsache, daßIsokrates, ein älterer Zeitgenosse des Demosthenes, der als ein guter Lehrer der Rhetorik galt, jeweilig bis 100 Schüler zählte, trotzdem er von jedem ein Honorar von 1000 Drachmen (etwa 780 Goldmark) forderte, und daß derselbe Meister des Wortes für das Ausarbeiten einer Rede von dem Fürsten Nikokles auf Cypern ein Honorar von 20 Talenten (etwa 94000 Goldmark) erhielt. Cicero - das Forum Roms wird vor uns lebendig. Die Entscheidung des nie ruhenden Kampfes zwischen Volkspartei und Optimaten und das Schicksal unterworfener Länder und Fürsten hing zum großen Teil an der Redekunst ihrer Wortführer. Erfolgreich offentlich reden war die Voraussetzung jedes Erfolges in der Republik. »Zwei Eigenschaften«, urteilt Cicero, »vermogen einem Menschen hochstes Ansehen zu verleihen: Feldherrnkunst und Beredsamkeit«. Aber die Namen der beiden großen Redner wecken nicht nur Gedanken an Erfolg und Triumph, sondern auch an Verantwortung und Gefahr. Der Redner tritt in die vorderste Reihe der Kämpfenden. Dankt ihm dafür innere Befriedigung und vielleicht - aber ach, wie selten! - auch die Anerkennung derer, für deren Recht und Zukunft er eintritt, so trifft ihn doch auch zuerst und am schärfsten die Feindschaft der Gegner.
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