"On n'est pas dans le futurisme, mais dans un drame bourgeois ou un thriller atmosphérique"
Wenn ich zurückblicke, erscheint es mir als das bedeutsamste Kuriosum meiner Tage, daß ein sehr komisches Versehen meiner Mutter, ein reiner Zufall also, dazu dienen mußte, mich gerade an den Iden des Märzes 1896 Albert Langen in den Weg zu führen. Da ich dem Langenschen Verlag, der mich am ersten Oktober eben jenes Jahres als Volontär aufnahm, heute seit reichlich sieben Lustren angehore, konnte man den Zufall wohl auch eine Fügung nennen. Freilich dürften rührigere Leute mitleidig behaupten, ich wäre sicherlich bei jeder Firma, einmal dort eingewohnt, auf Lebenszeit geblieben. Für eine solche Deutung sprechen allerdings auch andere Belege, von denen ich hier nur den sehr auffälligen erwähnen will, daß ich mich mit einer einzigen Ehe zu begnügen wußte, die jetzt nach mehr als einem Menschenalter noch so gut wie neu ist und, wenn man's erlebt, leicht auch ein weiteres halten kann. Wohl also bin ich seßhaft von Natur, ich glaube aber doch, daß ich in dem Verlag von Albert Langen nicht nur deswegen Wurzeln schlug - o nein, ich fand hier auch den richtigen Platz für mich, eine Aufgabe, der ich freudig meine Kräfte widmen konnte, und Arbeitskameraden, mit denen es sich hausen ließ. Bevor ich nun berichte, mit welch harmlosem Gesicht sich diese wegweisende Fügung meines Lebens das Kleid eines fast lächerlichen Zufalls lieh, muß ich bis 1890 rückwärtsschweifen, wo ich für mein Teil noch in meiner Vaterstadt, dem alten Riga, als meinen Lehrern wenig teurer Schüler eine Bank des Stadt-Gymnasiums drückte. Die Ehe meiner Eltern, die unglücklich gewesen und schon, als ich zwolf Jahre zählen mochte, in eine Trennung ausgelaufen war, wurde zu jener Zeit geschieden, weil mein Vater eine andere Frau heiraten wollte. Eine Scheidung aber galt den Spießbürgern am Dünastrand als schweres Ärgernis, und eine, wenn auch schuldlos, geschiedene Frau trug einen Makel aus der Sache fort. Dem «Mitgefühl» der wackeren Rigenser als Zielscheibe zu dienen, lag meiner Mutter nicht, und so ging sie für eine Weile in das «Ausland», wie die Balten jener Zeit die Heimat ihrer Vorfahren zu nennen pflegten.
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